Gardetanz: Hochanspruchsvoller Sport mit Spaß und Ästhetik

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Unterschiedliche Disziplinen sind im karnevalistischen Tanzsport zu finden. Die Tanzarten werden durch den Gardetanz bereichert, welches in speziellen Vereinen ausgeübt wird. Die Anforderungen beim Gardetanz sind hoch.

Akrobatik und Bewegungskunst auf höchstem Niveau: Der Gardetanz

Der Karneval wartet jedes Jahr mit teils atemberaubenden Tänzen auf. Laien sehen die hohen Anforderungen bei den gezeigten Tänzen nicht. Wie hart das Training für die perfekte Hebefigur ist, lässt sich nur erahnen und ist keinesfalls beim Betrachten der Show erkennbar. Der Gardetanz ist sogar als Wettkampftanz ausgelegt, sodass sich die besten Tänzerinnen und Tänzer miteinander messen können. Der Tänzer benötigt nicht nur einen flexiblen Körper, sondern auch viel Ausdauer und allgemein eine gute Fitness. Um erfolgreich zu sein, muss der Tänzer akrobatische Fähigkeiten ebenso mitbringen wie die Fähigkeit zur Synchronität mit anderen Tänzern.

Tänzer sind Leistungssportler

Wird das Tanzen als Sport betrieben, sind die Tänzer wahre Leistungssportler. Schon allein die vielen verschiedenen Schritte und Schrittkombinationen sind eine große Herausforderung. Die Schrittfolge beginnt immer mit dem rechten Fuß, akrobatische Einlagen wie Spagat und Radschlag sind üblich.

Beim Gardetanz ist die Geschlechterzusammensetzung vorgeschrieben, daher gibt es männliche, weibliche und gemischte Tanzgruppen. Die Gruppe sucht ein Thema aus, welches durch den Tanz ebenso wie durch die Kostüme und Musik beschrieben wird. Moderne Tanzstile finden sich im Einklang mit traditionellen Marschschritten. So sind Anleihen aus dem Jazzdance oder Modern Dance erkennbar. Um neue Tänze zu kreieren, werden verschiedene Tanzstile miteinander verbunden. Für die Tänzer bedeutet das, neue Elemente zu schaffen. Sie ergänzen die bisherigen Schritte und Figuren.

Einen immer wieder atemberaubenden Solotanz können die Zuschauer vom Tanzmariechen erwarten. Neben Begabung und hartem Training im Bereich Turnen, Ballett und Tanzen muss das angehende Tanzmariechen sehr viel Ehrgeiz und Erfolgswillen aufweisen. Wer Flickflack, Spagat und Bogengänge kann, ist auf der sicheren Seite und kann sich im Training auf die Flexibilität, auf Ausdauer und Kraft besinnen. Tänzer müssen Figuren aus dem Ballett ebenso vorweisen können wie bestimmte Schritte aus dem Tanz oder bei den Hebefiguren und Sprüngen. Wer erfolgreich sein möchte, muss neben der körperlichen Fitness auch Disziplin mitbringen.

Das ist beim Gardetanz wichtig

Wie streng ist der Gardetanz aufgebaut? Die Basis für den Tanz ist eine feste Choreografie, die einer genauen zeitlichen Abfolge nachgeht. Improvisationen gibt es nicht, dafür bleibt weder beim Gruppen- noch beim Paartanz genügend Raum. Die Verbände für den Karnevalstanz haben bestimmte Kriterien zur Bewertung der Darstellungen festgelegt. Zu den wichtigsten Kriterien, die auch bei Wettbewerben bewertet werden, zählen diese:

  1. Austanzen der Bühne als wichtige Voraussetzung
  2. Die Musik ist Tanzinhalt und soll nicht nur tanzbegleitend sein. Die Melodien und Rhythmisierungen müssen im Tanz berücksichtigt werden
  3. Musik muss zum Tanz passen und sowohl harmonisch als auch betreffend des Tempos passend sein
  4. Keine Wiederholungen der Bewegungen
  5. Die einzelnen Elemente gehen fließend von einem zum andern über
  6. Die Tänzer zeigen auf der Bühne eine ständige Bewegung
  7. Ausdrucksstarker Tanz und thematisch angepasste Bewegungen
  8. Ein Tanz ohne Thema soll durch Ausstrahlung und Show-Disziplin punkten
  9. Tänzer sollen positiv beim Publikum ankommen
  10. Niemand möchte Dauergrinsen sehen!
  11. Einbeziehen von Armen und Beinen in den Tanz
  12. Tänzer dürfen nicht zu stark gefordert oder unterfordert werden, muss bei Choreografie berücksichtigt werden
  13. Tänze müssen harmonisch wirken
  14. Beachtung von Verboten der Verbände wichtig
  15. Beim Paartanz muss synchron getanzt werden
  16. Ansonsten sind die Elemente frei entwickelbar

Tänzer brauchen ein gutes Rhythmus- und Zeitgefühl und müssen in der Lage sein, ihre Darbietungen innerhalb der gegebenen Zeit zu zeigen. Sie müssen mit ihrer Darbietung innerhalb des gesetzten Zeitrahmens bleiben, ansonsten riskieren sie Abzüge. Die Verbände haben die genannten Richtlinien herausgegeben, diese sind von den Tänzern zu beachten. Die Vorgaben unterscheiden sich je nach Verband beispielsweise in Bezug auf die Tanzfiguren.

Der Gardetanz und seine Geschichte

Der Gardetanz ist älter, als viele vermuten und keinesfalls eine Neuentdeckung der aktuellen Zeit. Viele Neuerungen kamen im Laufe der Jahre dazu. Einst zogen Männer die Exerzierübungen und das Militär durch den Kakao. Dass diese Männergruppen auf der Bühne standen, war noch bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts der Fall. Die Damen, die ungefähr in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Bühnen eroberten, traten noch in langen Röcken auf. Die Kleidung der Tänzer ist robuster geworden, denn längst ist der Gardetanz kein einfacher Tanz mehr, sondern eher akrobatische Übung. Die Tänzer treten heutzutage in leichten Tanzschuhen auf, die Gewebe ihrer Bühnenoutfits sind belastbarer geworden. Die früher üblichen aufwendigen Kostüme sind heute einfacher und weniger elegant, dafür sehr belastbar und figurbetonend.

Der karnevalistische Tanzsport verändert sich

Die Nazis hatten großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des karnevalistischen Tanzsports. Dafür muss bekannt sein, dass das Tanzmariechen einst ein Mann war. Ab den 1920er Jahren tanzte der Mann, der als Funken bezeichnet wurde, auch. Die Nazis fürchteten homosexuelle Anspielungen und so mussten die Männer die Bühne zugunsten der Tänzerinnen räumen. Für viele Jahre standen nur noch Frauen zum Karnevalstanz auf der Bühne. Männer wurden erst wieder in den 1980er und 90er Jahren auf die Bühne gelassen. Die Anforderungen im Tanz veränderten sich bald. Wer heute im karnevalistischen Tanzsport erfolgreich sein möchte, muss bis zu dreimal in der Woche trainieren. Das Training und die Anforderungen sind so hoch, dass das Tanzen vor dem Deutschen Sportbund als Leistungssport gilt. Heute gibt es landesweite Wettbewerbe für verschiedene Altersklassen.

Der Gardetanz in Deutschland und seine Organisation in Verbänden

Der Gardetanz ist nicht immer gleich. Die diversen Tanzarten im Gardetanz erfordern jeweils eigene Wettbewerbe. In Deutschland werden die Wettbewerbe von den Verbänden ausgerichtet und beaufsichtigt. Damit ist sichergestellt, dass die strengen Kriterien, die seitens der Verbände auferlegt wurden, auch wirklich eingehalten werden. Gleichzeitig wird durch die Verbände dafür gesorgt, dass der Tanzsport sicher ist. Die Verbände haben unter anderem Verbote zu einigen Hebe- und Wurffiguren erlassen, um die Sicherheit der Tanzsportler zu gewährleisten. Maßgeblich für die Verbote ist meist die Altersklasse.

Die verschiedenen Arten des Gardetanzes

Folgende Tanzarten sind im Gardetanz bekannt und können in Vereinen ausgeübt werden:

  • Solotanz

    Instrumentalmusik läuft im Hintergrund.

    Die Choreografie kann frei festgelegt werden und folgt keiner festen Vorgabe.

    Er muss aber auch in der Lage sein, das Publikum zu begeistern und die ganze Bühne auszutanzen.

    Das kann schwieriger als beim Paartanz sein.

  • Gardetanz mit Paartänzern

    Der Paartanz basiert auf dem Rhythmus der Polka, der Tanz kann frei gestaltet werden.

    Hebefiguren sind für Kinder unter 14 Jahren nicht erlaubt.

    Die Einzeltänze sollten nur selten sein oder gar nicht vorkommen.

    Hebefiguren dürfen nicht überfordern.

    Wurffiguren dürfen nicht gezeigt werden.

  • Gruppentanz als Gardetanz

    Der Rhythmus der Polka ist auch hier wieder allgegenwärtig und bildet die Basis für die gezeigten Tanzbewegungen.

    Marschmusik ist nicht erlaubt und auch Marschschritte dürfen nicht gezeigt werden.

    Ansonsten ist die Choreografie frei zu entwickeln, wenn beachtet wird, was die Verbände einige Verbote ausgesprochen haben – u. a. Wurffiguren.

    Die Tänze müssen dem Leistungsniveau aller Gruppenmitglieder entsprechen.

Die Verbände für den Gardetanz

Der an dieser Stelle zuerst vorgestellte Verband ist der Bund Deutscher Karneval. In diesem Verband sind die meisten Mitglieder des Karnevalstanzes organisiert. Jugendliche und Junioren haben die Wahl zwischen verschiedenen Disziplinen: Tanzpaar, Tanzgarde und Tanzmariechen stehen zur Wahl. Das Tanzmariechen darf kein Mann sein, nur Frauen und Mädchen werden hierfür gewählt ? Tanzpaare müssen aus einem weiblichen und einem männlichen Tänzer bestehen. In der Tanzgarde können sowohl weibliche als auch männliche Tänzer aktiv sein. Um in der Tanzgarde der Ü15-Gruppe zu tanzen, muss der Anteil der männlichen Tänzer bei maximal einem Drittel liegen, Tanzpaare und Tanzmariechen sind ebenfalls möglich. Die Bewertung der Tänzer wird durch den Bund Deutscher Karneval vor allem bezüglich der Vielfalt der Schritte vorgenommen. Die Choreografie soll so abwechslungsreich wie möglich sein, der Verband schaut dazu auch auf die Freude, die die Tänzer auf der Bühne übertragen.

Des Weiteren ist die Rheinische Karnevals Kooperation zu erwähnen. Der karnevalistische Tanz ist hier seit 2019 in sechs Disziplinen geteilt. Für die Teilnahme an Wettbewerben gibt es drei Altersklassen, die als Junioren, Senioren und Kinder bezeichnet werden. Die Tänzer können an Turnieren der Deutschen Meisterschaft teilnehmen. Der Verband setzt bei der Bewertung vor allem auf die Synchronität und auf harmonische Bewegungen aller Tänzer. Die Tänzer sollen erkennbar Freude am Tanzen haben, außerdem achten die Bewerter in den Wettbewerben auf eine Vielzahl an gezeigten Schritten.

Die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport und der Deutsche Verband für Garde- und Schautanzsport sind die weiteren Verbände in Deutschland. Der erstgenannte Verband ist als einiger in Ligen geteilt, in denen die Tänzerinnen und Tänzer auf- oder absteigen können. Somit ist es möglich, die Leistungsstände zu vergleichen. Der Gardetanz hebt sich in diesem Verband deutlich von den beiden vorgenannten Verbänden ab. Die Schritte sollen vielfältig sein, die Beinwürfe zahlreich, die Bewegungen zackig und es gibt keinen Spagat. Komplexe Kombinationen von Armen und Beinen werden höher bewertet. Die Internationale Interessengemeinschaft für Tanzsport hingegen erlaubt keinen Radschlag.

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